RAUM FÜR
ANGEHÖRIGE

Unterstützung & Selbstfürsorge für pflegende Angehörige

Ein umfassender Ratgeber

Eine schwere Erkrankung verändert alles. Plötzlich ist ein geliebter Mensch hilfe- oder sogar pflegebedürftig. Wenn Sie als Angehöriger die Unterstützung und Pflege für ein Familienmitglied übernommen haben, können Sie schnell an Ihre körperlichen und seelischen Grenzen stoßen. Um so wichtiger ist es, dass Sie nicht allein bleiben. Wir stehen an Ihrer Seite. Denn Sie verdienen Anerkennung und Unterstützung.

Resilienz stärken – Mit Herausforderungen umgehen

Wenn die Welt plötzlich stillsteht. Die Diagnose eines geliebten Menschen, ein Schicksalsschlag, der alles verändert – in solchen Momenten scheint der Boden unter den Füßen zu verschwinden. Viele Angehörige erleben eine Zeit voller Sorgen, Hilflosigkeit und emotionaler Erschöpfung. In dieser Ausnahmesituation ist es schwer, an Stärke oder innere Widerstandskraft zu denken. Und doch sind genau diese Ressourcen wichtig, um durchzuhalten – nicht perfekt, aber in kleinen, liebevollen Schritten.

Resilienz, die seelische Widerstandskraft, ist kein Idealbild und keine Pflicht. Sie ist ein leiser, aber kraftvoller Begleiter, der sich entwickeln lässt – auch und gerade in Krisenzeiten. Sie hilft, mit Belastungen umzugehen, sich anzupassen und langfristig wieder Halt zu finden. Die gute Nachricht: Resilienz ist keine angeborene Superkraft, sondern eine Fähigkeit, die in jedem Menschen wachsen kann.

Wie können Sie Ihre Resilienz gezielt stärken?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Resilienz zu fördern und langfristig aufzubauen. Im Folgenden finden Sie einige Ansätze, die Ihnen dabei helfen können:

Einen positiven Fokus setzen: Inmitten von Belastungen kleine Lichtblicke zu finden, ist entscheidend. Machen Sie es sich zur Gewohnheit, täglich bewusst auf die positiven Seiten des Lebens zu achten. Notieren Sie beispielsweise drei Dinge, die Ihnen Freude bereitet haben oder für die Sie dankbar sind. Dieses einfache Ritual kann langfristig Ihre Sichtweise verändern und Ihre Stimmung heben.

Emotionale Stabilität fördern: Lernen Sie, negative Gefühle zu akzeptieren, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Techniken wie Meditation, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung können dabei helfen, Stress abzubauen und einen klaren Kopf zu bewahren.

Netzwerke aufbauen: In schweren Zeiten braucht es Menschen, die einem zuhören, Halt geben und einfach da sind. Doch was tun, wenn genau diese Stützen – Freunde oder Familie – plötzlich nicht greifbar sind? Manchmal wenden sich Menschen aus Überforderung ab. Das kann verletzend sein, aber es ist keine Seltenheit. Umso wichtiger ist es, neue, tragende Verbindungen zu finden. Suchen Sie gezielt den Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen – etwa in Selbsthilfegruppen, Online-Communities oder speziellen Gesprächsangeboten. Der Kontakt mit Gleichgesinnten kann entlasten, Mut machen und das Gefühl stärken.

Diese Partnerangebote stehen Ihnen zur Seite, um gemeinsam neue Wege der Unterstützung zu entdecken:

Räume zum Reden: Begleitung auf dem Heilungsweg – für Angehörige von Krebspatienten

Selbsthilfegruppe für Schlaganfall-Betroffene & Angehörige – mit therapeutischer Begleitung

Probleme strukturieren: In herausfordernden Situationen hilft es, die Probleme in kleine, handhabbare Schritte zu unterteilen. Setzen Sie sich erreichbare Ziele und belohnen Sie sich für jeden Fortschritt. So bleibt die Motivation erhalten und Sie fühlen sich weniger überfordert.

Körper und Geist stärken: Eine gesunde Lebensweise bildet das Fundament für innere Widerstandskraft. Ausreichender Schlaf, gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind essenziell, um körperlich und geistig belastbar zu bleiben. Schon ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft kann Wunder wirken, wenn der Stress überhandnimmt.

Optimismus fördern: Resilienz bedeutet nicht, die Realität zu verleugnen, sondern einen realistischen Optimismus zu bewahren. Ermutigen Sie sich selbst, an die Möglichkeit positiver Entwicklungen zu glauben, auch wenn die Umstände schwierig sind.

Praktische Übungen zur Stärkung der Resilienz

Tagebuch schreiben: Dokumentieren Sie nicht nur schöne Momente, sondern auch Herausforderungen und wie Sie diese gemeistert haben. Der Rückblick auf Ihre eigene Stärke kann eine wertvolle Ressource in schwierigen Zeiten sein.

Visualisierungsübungen: Stellen Sie sich vor, wie Sie eine stressige Situation erfolgreich bewältigen. Diese mentalen Übungen können Ihre Selbstwirksamkeit steigern und Ihnen Zuversicht geben.

Dankbarkeitsrituale: Entwickeln Sie die Gewohnheit, jeden Tag bewusst ein Element in Ihrem Leben zu würdigen, das Sie schätzen.

Merken Sie sich: Resilienz ist kein starres Konzept, sondern ein dynamischer Prozess. Indem Sie sich bewusst mit Ihrer inneren Stärke auseinandersetzen und sie regelmäßig trainieren, können Sie selbst in den schwierigsten Lebensphasen Kraft schöpfen und wachsen.

Unterstützung bei der Therapie – Begleiten statt Überfordern

Als Angehöriger eines schwer erkrankten Menschen stehen Sie häufig vor der Herausforderung, die richtige Balance zwischen Unterstützung und Eigenfürsorge zu finden. Ihre Rolle ist zentral, da Sie nicht nur emotionale Stütze, sondern auch ein aktiver Teil des therapeutischen Umfelds sein können. Es ist jedoch ebenso wichtig, Ihre Grenzen zu erkennen und Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Überforderung zu vermeiden. 

Wie können Sie aktiv unterstützen? 

Beobachtungen teilen: Ihre Perspektive ist unschätzbar wertvoll. Dokumentieren Sie Veränderungen im Zustand Ihres Angehörigen und teilen Sie diese Informationen mit behandelnden Ärzt*innen oder Therapeut*innen. Dies könnte beispielsweise beinhalten: 

  • Beobachtungen über Schmerzverläufe, Appetit oder Schlafmuster. 
  • Veränderungen im Verhalten oder der Stimmung. 

Notfallpläne erstellen: Um in unvorhergesehenen Situationen vorbereitet zu sein, sollten Sie frühzeitig Notfallpläne entwickeln. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Angehörigen: 

  • Wer übernimmt Ihre Aufgaben, wenn Sie kurzfristig verhindert sind? 
  • Welche medizinischen oder organisatorischen Schritte sind im Notfall einzuleiten? (Medikamentenliste immer griffbereit haben).
  • Gibt es eine Liste wichtiger Telefonnummern und Ansprechpersonen? 

Emotionale Unterstützung bieten: Zeigen Sie Mitgefühl und Geduld, selbst in herausfordernden Momenten. Kleine Gesten, wie ein Zuhören ohne zu bewerten oder ein aufmunterndes Lächeln, können viel bewirken. 

Praktische Tipps zur Entlastung: 

  • Delegieren Sie Aufgaben: Sie müssen nicht alles allein bewältigen. Ziehen Sie Familienmitglieder, Freunde oder professionelle Dienste hinzu, um bestimmte Tätigkeiten zu übernehmen. 
  • Pflegevertretung organisieren: Informieren Sie sich über ambulante Pflegedienste, Tagespflegeangebote oder Kurzzeitpflegeeinrichtungen, die Sie bei Ihrer Aufgabe entlasten können. 

 

Wie vermeiden Sie Überforderung? 

Die Pflege eines geliebten Menschen kann emotional und physisch belastend sein. Deshalb ist es entscheidend, regelmäßig innezuhalten und Ihre eigenen Bedürfnisse zu reflektieren. 

Klare Grenzen setzen: Kommunizieren Sie offen, was Sie leisten können – und was nicht. Lassen Sie sich nicht von Schuldgefühlen treiben. 

Hilfe von Fachkräften annehmen: Sozialdienste, Beratungsstellen und therapeutische Unterstützung können Sie gezielt entlasten und Ihnen helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen. 

Gesundheitsprävention: Achten Sie auf Ihre eigene körperliche und seelische Gesundheit. Regelmäßige Arztbesuche, eine ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf sollten nicht vernachlässigt werden. 

Sich um einen schwer erkrankten Menschen zu kümmern und gleichzeitig berufstätig zu sein, bringt viele an ihre Grenzen. Hierbei können folgende Wege weiterhelfen:

  • Pflegezeit oder Familienpflegezeit: In Deutschland können Sie unter bestimmten Voraussetzungen kurzfristig oder längerfristig von der Arbeit freigestellt werden – mit oder ohne Lohnersatzleistung.

  • Gespräche mit dem Arbeitgeber: Klären Sie, ob es flexible Arbeitszeitmodelle, Sonderurlaub oder Unterstützungsangebote gibt. Viele Unternehmen sind heute offener für solche Anliegen.

Mit diesen Maßnahmen können Sie nicht nur Ihrem Angehörigen eine wertvolle Stütze sein, sondern auch Ihre eigene Gesundheit und Lebensqualität bewahren. 

Zeit für sich – Neue Kraft schöpfen 

Die Pflege und Begleitung eines kranken Angehörigen ist zeitintensiv und emotional herausfordernd. Um langfristig durchhalten zu können, ist es essenziell, sich selbst Pausen zu gönnen und neue Kraft zu schöpfen. 

Warum sind Pausen so wichtig? 

Pausen sind kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie helfen, körperliche und seelische Erschöpfung zu vermeiden, und geben Ihnen die Energie zurück, die Sie für die Betreuung Ihres Angehörigen benötigen. Ohne regelmäßige Erholung besteht die Gefahr von Überforderung und Burnout. 

Kleine Auszeiten im Alltag: 

  • Spaziergänge in der Natur: Schon kurze Aufenthalte im Freien können beruhigend wirken und die Stimmung heben. Die frische Luft und Bewegung regen den Kreislauf an und fördern die geistige Klarheit. 
  • Musik und Entspannung: Hören Sie Ihre Lieblingsmusik oder probieren Sie geführte Meditationen aus. Musik kann eine heilende Wirkung haben und hilft, Stress abzubauen. 
  • Genussvolle Rituale: Gönnen Sie sich täglich eine Tasse Tee oder Kaffee in Ruhe – ein kleiner Moment nur für Sie. Rituale wie diese schaffen Struktur und bieten eine kurze, aber wertvolle Auszeit. 

Langfristige Erholungsstrategien: 

  • Regelmäßige Auszeiten planen: Nutzen Sie Angebote wie Tagespflege oder Kurzzeitpflegeeinrichtungen. Diese Möglichkeiten geben Ihnen Zeit für Erholung und Freizeitaktivitäten. 
  • Hilfe aus dem Umfeld: Bitten Sie Verwandte, Freunde oder Nachbarn, bei bestimmten Aufgaben zu unterstützen. So schaffen Sie sich Freiräume für persönliche Erholung. 
  • Urlaub und Auszeiten: Organisieren Sie längere Pausen durch Unterstützung von Pflegevertretungen. Auch ein kurzer Tapetenwechsel kann Wunder wirken und Ihre Energiereserven auffüllen. 

Selbstfürsorge als Schlüssel: 

  • Gesunde Ernährung und Bewegung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung. Beides stärkt nicht nur den Körper, sondern wirkt sich auch positiv auf Ihre mentale Gesundheit aus. 
  • Hobbys und Interessen pflegen: Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten. Sei es ein kreatives Hobby, Sport oder der Austausch mit Freunden – diese Momente helfen, den Alltag zu entschleunigen. 
  • Professionelle Unterstützung: Suchen Sie bei Bedarf die Hilfe von Therapeut*innen oder Coaches, die Ihnen Wege aufzeigen können, wie Sie Ihre Kräfte besser einteilen. 

Der richtige Umgang mit Schuldgefühlen: 

Viele Angehörige kämpfen mit dem Gefühl, nicht genug für ihre Liebsten zu tun, wenn sie sich eine Auszeit nehmen. Doch Selbstfürsorge ist keine Egozentrik, sondern eine notwendige Grundlage, um langfristig für andere da sein zu können. Denken Sie daran: Sie können nur dann effektiv helfen, wenn Sie selbst gesund und ausgeglichen sind. 

Meditation – Abschalten und innere Ruhe finden

Meditation ist eine jahrtausendealte Praxis, die heute mehr denn je an Bedeutung gewinnt. Sie bietet nicht nur die Möglichkeit, Stress abzubauen, sondern kann auch als Werkzeug dienen, um innere Ruhe und Gelassenheit zu finden – gerade in Zeiten, die von emotionalen Herausforderungen geprägt sind. Für Angehörige schwerkranker Menschen kann Meditation eine wertvolle Ressource sein, um mit den Belastungen des Alltags besser umgehen zu können. 

Die Kraft der Meditation verstehen 

Meditation ist weit mehr als bloßes Stillsitzen oder der Versuch, den Geist zu leeren. Es handelt sich um eine bewusste Praxis, die darauf abzielt, die eigene Aufmerksamkeit zu lenken und den Geist zu zentrieren. Dabei geht es nicht darum, Gedanken oder Gefühle zu verdrängen, sondern sie achtsam wahrzunehmen, ohne sich von ihnen beherrschen zu lassen. Dieses Prinzip der Achtsamkeit kann helfen, sich nicht in Sorgen oder Ängsten zu verlieren, sondern stattdessen einen klaren Blick auf die Gegenwart zu bewahren. 

Studien zeigen, dass regelmäßige Meditation zahlreiche positive Effekte auf die psychische und physische Gesundheit haben kann. Sie reduziert nachweislich Stresshormone, verbessert die Schlafqualität und stärkt das Immunsystem. Zudem fördert sie die emotionale Resilienz und kann dabei helfen, den Umgang mit schwierigen Gefühlen wie Trauer, Angst oder Frustration zu erleichtern. 

Meditation in den Alltag integrieren 

Die gute Nachricht ist: Meditation erfordert keine besonderen Voraussetzungen. Sie brauchen weder viel Zeit noch spezielles Equipment, um von den Vorteilen zu profitieren. Schon wenige Minuten täglicher Übung können einen spürbaren Unterschied machen. Beginnen Sie beispielsweise mit einer einfachen Atemmeditation. Setzen Sie sich bequem hin, schließen Sie die Augen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem. Spüren Sie, wie die Luft einströmt und wieder ausströmt. Sollten Ihre Gedanken abschweifen, bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit sanft zurück zum Atem. Diese einfache Übung kann Ihnen helfen, den Geist zu beruhigen und sich inmitten von Chaos einen Moment der Stille zu schaffen. 

Meditation als Quelle der Selbstfürsorge 

Für Angehörige kann Meditation auch eine Form der Selbstfürsorge sein. Wenn Sie sich um einen schwerkranken Menschen kümmern, geraten Ihre eigenen Bedürfnisse oft in den Hintergrund. Meditation bietet Ihnen die Gelegenheit, bewusst innezuhalten und sich wieder mit sich selbst zu verbinden. Dieser Moment der Achtsamkeit kann wie ein kleiner Urlaub für den Geist sein und Ihnen helfen, neue Kraft zu schöpfen. 

Auch bewegte Meditationen wie Qigong, Tai Chi oder achtsames Gehen sind eine Möglichkeit, innere Ruhe zu finden. Sie kombinieren langsame, bewusste Bewegungen mit konzentrierter Aufmerksamkeit und können besonders hilfreich sein, wenn Ihnen das stille Sitzen schwerfällt. Diese Formen der Meditation schöpfen aus der Verbindung von Körper und Geist und bieten eine ganzheitliche Methode zur Stressbewältigung. 

Langfristige Wirkung entfalten 

Wichtig ist, dass Meditation keine einmalige Lösung ist, sondern eine Praxis, die durch Regelmäßigkeit ihre volle Wirkung entfaltet. Versuchen Sie, feste Zeiten in Ihren Tagesablauf einzubauen, sei es morgens vor dem Start in den Tag oder abends vor dem Schlafengehen. Schon zehn Minuten können genügen, um langfristig positive Effekte zu spüren. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, dran zu bleiben, beginnen Sie klein und steigern Sie die Dauer allmählich. Es geht nicht um Perfektion, sondern darum, sich selbst etwas Gutes zu tun. 

Meditation ist eine Einladung, dem hektischen Alltag für einen Moment zu entfliehen und einen inneren Ort der Ruhe zu finden. Sie erfordert keine Vorkenntnisse, sondern nur die Bereitschaft, sich darauf einzulassen. Für Angehörige kann diese Praxis zu einer wertvollen Unterstützung werden, um emotionalen Herausforderungen mit mehr Gelassenheit und Klarheit zu begegnen. Geben Sie sich die Erlaubnis, diesen Weg auszuprobieren – nicht als Verpflichtung, sondern als Geschenk an sich selbst. 

Umgang mit Trauer und emotionalen Schwankungen

Die Diagnose einer schweren Erkrankung in der Familie bringt oft eine Achterbahnfahrt der Gefühle mit sich. Trauer, Wut, Angst und Hilflosigkeit sind dabei ganz normale Reaktionen. Doch wie kann man inmitten dieser emotionalen Belastung einen klaren Kopf bewahren und die eigene psychische Gesundheit schützen? 

Gefühle annehmen und verarbeiten 

Es ist wichtig zu verstehen, dass alle Emotionen, die in dieser schwierigen Zeit auftreten, ihre Berechtigung haben. Trauer beispielsweise ist keine Schwäche, sondern ein natürlicher Prozess, der uns hilft, Schicksalsschläge zu bewältigen. Anstatt diese Gefühle zu verdrängen, können Sie versuchen, sie bewusst wahrzunehmen und anzunehmen. Ein Tagebuch zu führen oder Gedanken in Briefform niederzuschreiben, kann ein wertvoller Weg sein, um Gefühle auszudrücken und Klarheit zu gewinnen. 

Die Kraft des Austauschs 

Oft hilft es, über die eigenen Emotionen zu sprechen. Der Austausch mit Freunden, anderen Angehörigen oder professionellen Beratern kann eine große Erleichterung sein. Selbsthilfegruppen bieten eine geschützte Umgebung, um Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Viele Menschen berichten, dass das Wissen, nicht allein zu sein, Trost spendet und Mut macht. 

Akzeptanz als Schlüssel 

Ein weiterer Schritt im Umgang mit intensiven Emotionen ist Akzeptanz. Das bedeutet nicht, dass man alles hinnehmen muss, sondern dass man sich den Realitäten stellt. Indem Sie Ihre Gefühle als Teil des Prozesses akzeptieren, nehmen Sie ihnen die Macht, Sie zu überwältigen. Stattdessen können Sie aktiv entscheiden, wie Sie mit diesen Gefühlen umgehen möchten. 

Kreative Wege zur Bewältigung 

Kreative Tätigkeiten können ebenfalls helfen, Gefühle zu verarbeiten. Malen, Schreiben, Musizieren oder Basteln schaffen einen Raum, in dem Sie Ihre Emotionen frei ausdrücken können. Diese Aktivitäten wirken oft beruhigend und fördern die innere Balance. Probieren Sie aus, was Ihnen liegt, und lassen Sie sich Zeit, Ihren eigenen Weg zu finden. 

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen 

Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Trauer oder andere Emotionen Sie überwältigen, zögern Sie nicht, sich professionelle Hilfe zu suchen. Psychologen, Berater oder speziell geschulte Therapeut*innen können wertvolle Unterstützung bieten und helfen, individuelle Strategien zur Bewältigung zu entwickeln. Manchmal reicht schon ein Gespräch, um neue Perspektiven zu gewinnen. 

Die Bedeutung von Selbstmitgefühl 

Vergessen Sie in dieser herausfordernden Zeit nicht, mit sich selbst mitfühlend umzugehen. Es ist in Ordnung, sich schwach oder überfordert zu fühlen. Erlauben Sie sich Pausen und erkennen Sie an, dass Sie Ihr Bestes tun. Selbstmitgefühl bedeutet auch, sich kleine Freuden zu gönnen, die den Alltag erleichtern und ein Gefühl von Normalität vermitteln. 

Praktische Tipps zum Umgang mit emotionalen Schwankungen 

  • Gefühlsanker schaffen: Entwickeln Sie kleine Rituale, die Ihnen Stabilität geben, wie ein Morgenspaziergang, eine Tasse Tee am Abend oder ein Tagebucheintrag. Solche Gewohnheiten können in schwierigen Momenten beruhigend wirken. 
  • Die Macht der kleinen Freuden: Suchen Sie gezielt nach kleinen, alltäglichen Dingen, die Sie erfreuen – ein gutes Buch, ein Lieblingslied oder Zeit in der Natur. Solche positiven Momente können Ihr emotionales Gleichgewicht stärken. 
  • Gefühle ausdrücken: Wenn es Ihnen schwerfällt, Ihre Emotionen zu teilen, versuchen Sie es schriftlich. Briefe an sich selbst oder Notizen über Ihre Gedanken können entlastend wirken und dabei helfen, Klarheit zu gewinnen. 
  • Selbstfürsorge planen: Sorgen Sie aktiv dafür, dass Sie sich Auszeiten nehmen. Planen Sie diese genauso gewissenhaft wie andere Verpflichtungen. Schon ein bewusster Moment der Ruhe kann Ihre Kraftreserven auffüllen. 
  • Atmung nutzen: In emotional aufwühlenden Momenten kann tiefe, bewusste Atmung helfen. Atmen Sie langsam ein und aus, und konzentrieren Sie sich nur auf den Atemrhythmus. Diese Technik erdet und beruhigt schnell. 

Mit diesen Tipps und einer bewussten Selbstfürsorge können Sie die emotionalen Herausforderungen besser bewältigen. Denken Sie daran, dass Sie nicht allein sind – suchen Sie bei Bedarf Hilfe und tauschen Sie sich aus. 

Ängste bewältigen – Doppelt stark sein

Die Ängste, die sich in Zeiten schwerwiegender Erkrankungen manifestieren, sind vielfältig und oft überwältigend. Die Sorge um die Zukunft, die Angst vor Überforderung oder der Verlust eines geliebten Menschen können erdrückend wirken. Diese Ängste sind völlig verständlich, vor allem, wenn man als pflegender Angehöriger auch noch die Verantwortung trägt, den Erkrankten zu unterstützen und durch schwierige Zeiten zu begleiten. Doch es gibt Strategien, um diesen Ängsten besser zu begegnen und sie nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. 

Strategien zur Angstbewältigung 

Gedankenstopp 
Der Gedankenstopp ist eine der einfachsten, aber wirkungsvollsten Techniken, um sich aus der Spirale negativer Gedanken zu befreien. Wenn Sorgen und Ängste überhandnehmen, stellen Sie sich vor, ein Stoppschild vor Ihre Gedanken zu setzen. Dieses Bild hilft dabei, den Fokus bewusst zu ändern und sich nicht in negativen Szenarien zu verlieren. Eine weitere Methode besteht darin, sich selbst mit dem Vornamen oder einem Kosenamen anzusprechen – dies kann eine beruhigende Wirkung haben und den Geist aus der Anspannung befreien. Statt sich weiter in den Ängsten zu verlieren, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf positive oder beruhigende Gedanken. 

Ressourcen aktivieren 
Ein wichtiger Bestandteil der Angstbewältigung ist es, sich an die eigenen Stärken zu erinnern. Jeder Mensch hat bereits in der Vergangenheit schwierige Situationen gemeistert, und auch diese Krise wird bewältigbar sein. Erinnern Sie sich an frühere Erfahrungen, in denen Sie Mut und Stärke gezeigt haben. Vielleicht gab es Situationen, in denen Sie ebenfalls Ängste und Sorgen überwinden mussten. Was hat Ihnen damals geholfen? Welche inneren Ressourcen haben Sie mobilisiert? Es kann auch hilfreich sein, sich ein Netzwerk von Menschen aufzubauen, denen man vertrauen kann und die einem in dieser Zeit der Belastung Unterstützung bieten. 

Praktische Maßnahmen 
Angst entsteht oft aus dem Gefühl der Unvorhersehbarkeit und des Nicht-Wissens. Um dieser Angst entgegenzuwirken, kann es hilfreich sein, konkrete Handlungsoptionen zu entwickeln. Erstellen Sie eine Liste mit klaren Schritten und Optionen für die verschiedenen möglichen Szenarien, die Sie beschäftigen. Was ist zu tun, wenn die Symptome sich verschlimmern? Wie können Sie für Notfälle vorgesorgt haben? Dieses Wissen gibt Ihnen das Gefühl von Kontrolle und verringert das Gefühl der Ohnmacht. 

Sich von der Angst nicht überwältigen lassen 

Die Angst vor einer schlechten Diagnose, der Ungewissheit über die Zukunft und die Sorge, selbst überfordert zu werden, sind oft schwer zu tragen. Gerade als pflegender Angehöriger müssen Sie in vielen Fällen rasch Entscheidungen treffen, die für den Patient*innen entscheidend sind – das kann zusätzlichen Stress und Ängste hervorrufen. Auch wenn sich die Diagnose und Behandlung im Laufe der Zeit stabilisieren, bleibt die Sorge vor einem Rückfall oder weiteren Rückschlägen. 

In solchen Zeiten ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass Ängste und Sorgen normal sind und dass es Wege gibt, ihnen nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Statt sich in der Angst zu verlieren, kann es helfen, die Situation als herausfordernd, aber nicht ausweglos zu betrachten. Es gibt immer Handlungsspielräume, die Situation zu beeinflussen – sei es durch praktische Maßnahmen, durch die Stärkung des eigenen inneren Zustands oder durch Unterstützung von außen. 

Pflegende Angehörige – Die eigenen Ängste und Sorgen nicht ignorieren 

Die Belastung als pflegender Angehöriger ist enorm. Man trägt nicht nur die Verantwortung für die Unterstützung des Erkrankten, sondern muss oft auch mit den eigenen Ängsten und Sorgen umgehen. Gerade weil der Fokus oft auf dem Betroffenen liegt, neigen viele pflegende Angehörige dazu, ihre eigenen Bedürfnisse und Ängste zu verdrängen. Doch das kann auf lange Sicht zu Erschöpfung und Überforderung führen. Es ist entscheidend, die eigenen Ängste zu erkennen und zu benennen, um ihnen konstruktiv zu begegnen. 

Selbstreflexion als Schlüssel 
Stellen Sie sich regelmäßig Fragen wie: 

  • Was fürchte ich genau? – Diese Konkretisierung hilft dabei, die Angst greifbar zu machen und zu verstehen, was sie auslöst. 
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass das, wovor ich mich fürchte, tatsächlich eintritt? – Eine Realitätsprüfung der Ängste hilft, die eigene Wahrnehmung zu relativieren und übermäßige Sorgen abzubauen. 
  • Was würde ich tun, wenn das, wovor ich mich fürchte, wirklich passiert? – Die Vorbereitung auf potenzielle Schwierigkeiten nimmt die Angst vor der Ungewissheit und schafft ein Gefühl der Kontrolle. 
  • Gibt es Dinge, die ich vorsorglich regeln kann? – Proaktive Maßnahmen zur Vorbereitung können Ängste verringern und die eigene Handlungsfähigkeit stärken. 

Die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten kann zu einer Quelle der Stärke werden. Wenn Sie wissen, wie Sie mit Ihren Ängsten umgehen können, stärken Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihre Fähigkeit, dem Erkrankten beizustehen. 

Die Situation, in der pflegende Angehörige sich oft wiederfinden, ist herausfordernd. Die Ängste, die dabei entstehen, sind völlig normal, und es ist wichtig, sich nicht von ihnen lähmen zu lassen. Stattdessen können Sie durch einfache, aber wirksame Strategien wie den Gedankenstopp, das Aktivieren Ihrer Ressourcen und das Entwickeln konkreter Handlungsschritte die Kontrolle zurückgewinnen. Indem Sie auch auf sich selbst achten und Ihre eigenen Ängste ernst nehmen, bleiben Sie stark – für sich selbst und für die Menschen, die Sie unterstützen. 

Eigene Bedürfnisse erkennen und achten

In der Rolle des pflegenden Angehörigen geht es oft darum, die Bedürfnisse des erkrankten Menschen in den Vordergrund zu stellen. Doch gerade diese Situation verlangt von Ihnen, Ihre eigenen Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren. Nur wer sich selbst gut umsorgt und auf die eigene Gesundheit achtet, bleibt langfristig in der Lage, den Erkrankten zu unterstützen. Sich selbst zu vernachlässigen kann auf Dauer zu körperlicher und emotionaler Erschöpfung führen und damit die Qualität der Pflege beeinträchtigen. Es ist daher entscheidend, die eigene Balance zu finden, um sowohl für den Betroffenen als auch für sich selbst da zu sein. 

Was können Sie tun? 

Freiräume schaffen 
Um Ihre eigenen Bedürfnisse zu wahren, ist es wichtig, regelmäßig Freiräume zu schaffen. Dies kann durch das Einbinden anderer Familienmitglieder oder Freunde in die Pflegeaufgaben geschehen. Vielleicht kann jemand für ein paar Stunden oder sogar einen ganzen Tag die Verantwortung übernehmen, sodass Sie Zeit für sich selbst haben. Diese Zeit sollte bewusst für Aktivitäten genutzt werden, die Ihnen guttun – sei es ein entspannender Spaziergang, der Besuch von Freunden oder auch einfach nur eine Auszeit von der Pflege. Solche Momente der Entlastung sind wichtig, um wieder neue Kraft zu schöpfen und sich emotional und körperlich zu regenerieren. 

Hilfe annehmen 
Sie müssen nicht alles alleine stemmen. Es gibt zahlreiche professionelle Dienste, die Sie bei der Pflege und Betreuung unterstützen können. Ambulante Pflege, Haushaltshilfen oder psychosoziale Beratungsdienste können eine wertvolle Entlastung bieten. Es mag zunächst schwerfallen, Hilfe anzunehmen, vor allem wenn man sich verpflichtet fühlt, alles selbst zu tun. Doch professionelle Unterstützung ermöglicht es Ihnen, die Pflege mit mehr Energie und weniger Belastung fortzusetzen, ohne sich selbst zu überfordern. Sich Hilfe zu holen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Akt der Selbstfürsorge. 

Selbsthilfegruppen und Austausch mit anderen 
Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen kann eine wichtige Quelle der Unterstützung und des Trostes sein. In Selbsthilfegruppen können Sie Erfahrungen teilen und erhalten wertvolle Ratschläge von Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind. Der Gedanke, nicht allein zu sein, kann eine enorme Erleichterung bringen. Zudem bieten solche Gruppen die Gelegenheit, die eigenen Sorgen und Ängste in einem sicheren Umfeld zu äußern. Auch Online-Communities für Angehörige können einen hilfreichen Raum für Austausch und Unterstützung bieten. 

Beratungsstellen und professionelle Hilfe 
Es gibt viele Beratungsstellen und Unterstützungsangebote, die speziell für pflegende Angehörige entwickelt wurden. Diese bieten nicht nur praktische Hilfe, sondern auch emotionalen Beistand, um mit der Belastung der Pflege umzugehen. Oft kann es sehr hilfreich sein, mit einem außenstehenden Experten, sei es in einer Familien-, Paar- oder Einzeltherapie, über die Herausforderungen zu sprechen, die mit der Pflege eines kranken Angehörigen einhergehen. Diese Gespräche helfen, eigene Gefühle zu ordnen, Ängste abzubauen und Lösungen zu finden. Auch psychologische Unterstützung für pflegende Angehörige wird in vielen Fällen angeboten und kann eine wertvolle Hilfe sein. 

Auch wenn es unerreichbar erscheint: Denken Sie auch an sich selbst! 

Als pflegender Angehöriger erleben Sie oft eine Veränderung Ihrer eigenen Rolle. Die Bedürfnisse des erkrankten Familienmitglieds treten in den Vordergrund, während die eigenen oft zurückgestellt werden. Dabei ist es gerade in solchen belastenden Zeiten umso wichtiger, auch auf sich selbst zu achten. Eine schwere Erkrankung stellt nicht nur den Patient*innen, sondern auch den Angehörigen vor enorme psychische und physische Herausforderungen. Oft fühlen sich pflegende Angehörige schuldig, wenn sie sich eine Auszeit nehmen oder an ihre eigenen Bedürfnisse denken. Doch es ist entscheidend, diese Schuldgefühle abzulegen. Auch für den Erkrankten ist es wichtig, dass es denjenigen, die ihn unterstützen, gut geht. Nur so können Sie langfristig eine gute Pflege und Unterstützung bieten. 

Sich selbst wahrnehmen und akzeptieren 
Hören Sie auf sich und nehmen Sie sich bewusst Pausen. Achten Sie darauf, wann Ihre eigenen Grenzen erreicht sind – sowohl körperlich als auch emotional. Wenn Sie spüren, dass Sie erschöpft sind oder Ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr erkennen können, ist es ein klares Zeichen, dass es Zeit für eine Auszeit ist. Es ist keine Schwäche, Hilfe anzunehmen oder eine Pause zu machen, sondern eine Maßnahme zur Sicherstellung Ihrer eigenen Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Ein bewusstes „Stopp“ hilft, sich selbst nicht zu verlieren und weiterhin eine starke Stütze für den Erkrankten zu bleiben. 

Akzeptieren Sie Veränderungen 
Die Pflege eines erkrankten Angehörigen bringt häufig tiefgreifende Veränderungen in das familiäre und soziale Leben mit sich. Möglicherweise müssen alte Prioritäten neu gesetzt und die familiäre Struktur angepasst werden. Es ist wichtig, diese Veränderungen zu akzeptieren und sich auf neue Möglichkeiten der Unterstützung und Versorgung einzulassen. Oft kann die Erkenntnis, dass auch kleine Veränderungen zu einer besseren Lebensqualität führen können, eine hilfreiche Perspektive bieten. 

Nur wenn Sie auf sich selbst achten und Ihre eigenen Bedürfnisse ernst nehmen, können Sie auf lange Sicht für den erkrankten Angehörigen da sein. Es ist ein aktiver Prozess, der regelmäßig reflektiert und in den Alltag integriert werden muss. Indem Sie Hilfe annehmen, Freiräume schaffen und sich mit anderen Angehörigen austauschen, können Sie sich selbst unterstützen und Ihre Ressourcen langfristig erhalten. So bleiben Sie gesund, leistungsfähig und in der Lage, dem Erkrankten die nötige Unterstützung zu bieten. Achten Sie also darauf, auch Ihre eigene Balance zu wahren – für sich selbst und für denjenigen, dem Sie beistehen.